Autor: Yvette Anhorn Seite 5 von 16

23.09. – 30.09.2022 – Patagoniens Osten – Atlantikküste, Wale und andere tolle Tiere, Ruhe und Ur-Wald

Entlang der Küste gibt es vor allem Tiere zu sehen, die Gegend an sich ist eher eintönig: Die Insel Valdes ist berühmt für ihren Ausblick auf die Südkaper, eine Walart, die regelmässig hierher in die Bucht bei Puerto Madryn kommt, um zu kalben. Auch grosse Kolonien von Seelöwen und See-Elefanten sind hier von ganz nah zu beobachten. Etwas weiter unten an der Küste ist eine riesige Menge von Magellanpinguinen zuhause, die keine Scheu vor Menschen haben, sehr zu deren Entzücken. Uns bleibt vor allem der eselsartige Ruf der kleinen Vögel im schwarz-weissen Frack in Erinnerung und dass sie unbeirrt ihren Weg durch das Gewühl der grossen Zweibeiner finden. Aber auch ausserhalb dieser bekannten Orte begegnet man immer wieder grössere Kolonien von Seelöwen entlang des Atlantiks.

Einen «versteckten Schatz» finden wir abseits des Mainstreams in Cabo Raso, einer kleinen Siedlung an der Küste, die schon vor vielen Jahren aufgegeben wurde. Cabo Raso existierte etwa 100 Jahre und war ein beliebter Ferienort an der Küste. Auch Juan Domingo Peron verbrachte dort einige Zeit in seiner Kindheit. Heute ist die Geisterstadt noch von einer Familie bewohnt wird, die dort Unterkünfte und Campiermöglichkeiten anbietet. Das Militär nutzte den Ort, der wegen des Baus der Ruta 3 weiter im Landesinneren, vom Rest Patagoniens abgeschnitten wurde, als Testgelände für die Rakete Condor. Den Bunker und auch einen Bus haben die neuen Besitzer umgebaut zu Unterkünften für Reisende. Wir geniessen hier spontan einen Tag der Ruhe, bevor wir uns wieder auf die von längerem Regen arg in Mitleidenschaft gezogene, herausfordernde Piste machen.

Die Campingplätze sind so früh im Jahr – es ist erst Frühling hier und noch lange keine Reisesaison – noch nicht alle geöffnet oder nur halbbatzig in Betrieb und so gestaltet sich die Suche danach manchmal etwas schwierig. Das merken wir dann auch beim Besuch des

Als nächstes besuchen wir den versteinerten Wald bei Jaramillo. Die Anfahrt ist lang und führt weit in die Pampa rein, wo es immer wüstenhafter wird. Schliesslich geht es in einen Park von 15’000 ha! Auf einem Rundweg stehen wir ehrfürchtig vor Baumriesen von teilweise bis 20 Meter Länge, die vor etwa 150 Millionen Jahren – also im Zeitalter der Dinosaurier – Opfer von Vulkanausbrüchen wurden, als sich die Anden-Kordillere anhob. In die Erde eindringendes Regenwasser hat dann das Seinige dazu getan, die vergrabenen Baumstämme in Silikate zu verwandeln. An manchen Stellen sieht man die Mineralien, die entstanden sind, in Form von Achaten und Quarzen. Es ist ein umwerfender Gang durch ein Stück Erdgeschichte. Der dauert aber etwas und so fahren wir letztlich nur an den Rand des Nationalparks und übernachten dort allein in der Pampa. Das kennen wir sonst nur von Afrika her: kein von Menschen gemachtes Geräusch stört die Ruhe, der Sternenhimmel ist klar zu sehen und für einen Moment wähnt man sich ganz allein auf der grossen weiten Welt und spürt, wie klein man doch ist, wie unwichtig und es stellt sich eine innere Gelassenheit ein.

Und nebenbei ergibt sich für mich die Gelegenheit, mich ganz profan und sehr weltlich endlich mit unserer Toilette vertraut zu machen. Ja, es war bislang einfach keine Notwendigkeit gegeben, meine Scheu davor aufzugeben. Und meine Intimsphäre war mir einfach zu wichtig – aber was soll ich sagen: Ab jetzt geniesse ich es, dass ich nicht mehr schlaftrunken bei Wind und Wetter und in tiefdunkler Nacht auf von Insekten umschwärmte WCs wanken muss, mit der Stirnlampe als einzige Beleuchtung! Hurra – ein unbedeutender Schritt für die Menschheit, aber ein Quantensprung für Yvette!

18.09. – 22.09.2022 – Gaucha, Therme, Tango – Buenos Aires und der Weg dahin

Auf dem Weg nach Buenos Aires, oder besser gesagt an die Atlantikküste Richtung Patagonien, gibt es einige interessante Begegnungen mit Menschen und Orten. So zum Beispiel mit Carlos, der mit seiner Honda «la Gaucha» von Brasilien her seine Töchter in Argentinien besuchte und mit 75 Jahren noch immer sehr fit im Sattel sitzt. Oder die Thermalbäder in Chajari, in denen wir unsere «Luxuskörper» mal wieder rundum verwöhnen lassen.

Am 20. September dann treffen wir in Buenos Aires ein. Ich sag es gleich vorweg – unser Aufenthalt wird der Stadt nicht gerecht. Weil wir keine Lust auf eine Wohnung in der Stadt hatten, haben wir einen Platz gesucht, auf dem uns wohl sein konnte und der liegt leider etwa 45 Minuten ausserhalb der City. Und so fahren wir nur einen Tag rein und haken mal die wichtigsten Sehenswürdigkeiten ab.

Für mich ist das genug und Rolf ist eh anderweitig beschäftigt. Unser T-Mobil hat nämlich einen Wasserschaden…der Teppich ist vollgesaugt und das schon unbemerkt seit längerem. Als Rolf frisch Wasser tankt, bemerke ich zufällig, dass unsere Kabine wohl denkt, sie müsse einen auf Iguazu-Wasserfall machen und fröhlich das Nass aus einem Lüftungsschlitz sprudeln lässt. Also ist der Handwerker-Rolf gefragt. Er kriegt das Ganze dann tatsächlich vorerst in den Griff, aber bis auch die letzte undichte Stelle gefunden und abgedichtet ist, soll es bis Ushuaia dauern. Auch wegen der «Bastelei» kommt die Hauptstadt zu kurz, aber auf uns warten ja noch einige Naturschönheiten. Oh ja – und in der Nähe des Platzes findet sich ein Coiffeursalon, in welchem die frisch gewachsene Naturschönheit in Rolfs Gesicht den ersten Schliff erhält! Stolz präsentieren wir: Rolf mit Bart!

16.09. – 18.09.2022 – Die rauschenden Fälle von Iguazu

Via Fähre gelangen wir von Paraguay ans argentinische Ufer des Rio Parana und stellen erstaunt fest: Wir kriegen hier keinen Stempel in unseren Pass! Stattdessen werden unsere Daten elektronisch erfasst und wir erhalten eine Bestätigungsmail. Das heisst – Rolf erhält die Mail ein paar Stunden später, ich bleibe bestätigungslos – vermutlich hat der Beamte meine Mailadresse falsch notiert. Nun – unsere Befürchtungen, dass es deswegen bei künftigen Grenzübertretungen Probleme gibt, sind völlig unbegründet, wie sich später zeigt. Der Fehler wird irgendwann mal behoben in einem der vielen Prozedere, die wir bei diversen Aus- und wieder Einreisen durchlaufen werden weiter südlich, weil sich Chile und Argentinien die Regionen Patagonien und Feuerland teilen.

Kleiner Exkurs zum Thema Finanzenn in Argentinien: Das Land kämpft bekannterweise mit einer permanenten Geldentwertung und darum hat Rolf sich Geld an Western Union überwiesen. So bekommen wir einen Wechselkurs – Bluedollar genannt – der mehr als zweimal besser ist als der offizielle bei Bargeldbezug an einem Bankomaten. Allerdings – Western Union kann problematisch sein, wenn zu viele Leute wechseln wollen! Dann geht nämlich das Geld aus und wir gucken in die Röhre. Auf unserer Reise rennen wir deshalb zweimal in touristischen Hochburgen dem Bargeld nach. Und nur Bargeld lacht, weil ja mit Kartenzahlung auch der höhere Wechselkurs verrechnet wird! Den ersten Stress diesbezüglich erleben wir in Iguazu und müssen – weil Barzahlung auf dem Campingplatz verlangt wird – teure argentinische Pesos am Automaten ziehen. Erst etwas später auf der Reise finden wir dann eine WesternUnion-Vertretung, wo wir den vollen überwiesenen Betrag erhalten.

Das trübt jedoch unsere Freude am Besuch der Wasserfälle von Iguazu – oder Foz do Iguazu – in keiner Weise. Natürlich sind wir nicht die Einzigen hier, zumal es Samstag und Familienausflugstag ist. Aber die Menge zerläuft sich und wir haben immer wieder ungehinderte Aussichten auf die Wassermassen der Flüsse Parana und Iguazu, die hier zusammenkommen und sich auf einer Länge von 2.7 km in die bis zu 80 Meter hohe Tiefe stürzen. Insgesamt sind es 20 grössere und 255 kleinere Wasserfälle und sie befinden sich auf der Grenze Argentinien/Brasilien. Und man kann die Fälle sowohl via Brasilien als auch via Argentinien besuchen. Aber – nackte Zahlen sind das Eine, das umwerfende Spektakel und die wunderbare Natur darum herum sind das Andere. Und da können nur Bilder einen Eindruck wiedergeben.

05.09. – 18.09.2022 – Auszeit in Paraguay

Fast zufällig nehme ich den Faden zu einer Arbeitskollegin und Freundin aus alten Tagen wieder auf und stelle fest: Sie ist zusammen mit ihrem Mann nach Paraguay ausgewandert! Ella und Klaus leben in einer kleinen Siedlung nahe Asuncion und laden uns ein, sie zu besuchen mit der Option «so lange ihr mögt, steht unser Gästecontainer zu Eurer Verfügung». Das lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen. Es wird mal wieder Zeit, eine Reisepause einzulegen, das T-Mobil zu putzen, Wäsche zu waschen und vor allem Bürokram inklusive Homepage nachzuführen. Also fahren wir nach den unglaublichen Erlebnissen im Pantanal zügig Richtung Grenze und passieren sie bei Punta Pora. Auffallend ist bei den Behördenräumen in Paraguay: In jeder Ecke, jedem Büro steht ein kleiner Altar mit Heiligenbildern und womöglich brennender Kerze. Wie wir später von Ella erfahren, sind die Paraguayos tatsächlich tief religiös und sie haben ihre ursprüngliche Religion mit der neuen der Einwanderer aus Europa verknüpft. Darum finden sich auch entlang der Strasse immer wieder kleine, gemauerte Altäre oder Kapellchen. Sie sollen für Glück, gute Gesundheit und sichere Fahrt sorgen. Auch die Landschaft ändert sich, wir sehen mehr Hügel und Berge, alles ist dichter besiedelt.

Bei Ella und Klaus wartet eine tolle Überraschung auf uns: Sie haben aus dem Container ein richtiges Schmuckstück von Tiny House geschaffen! Wir fühlen uns wie in einem Luxushotel. Unsere Gastgeber haben sich rund um ihr wundervolles Haus ein Paradies erschaffen, wo es sich tatsächlich sehr gut leben lässt. Leider spielt das Wetter nicht so mit, ist ja auch erst Frühlingsanfang hier. Und so tauchen wir nur einmal in den grossen Swimmingpool. Paraguay ist ein entspanntes Land und die Lebenshaltungskosten sind wesentlich tiefer als in Mitteleuropa. Dank der vielen Auswanderer aus der Schweiz, Österreich und Deutschland gibt es sogar auf dem Land feinen Gruyere, Schwarzbrot und feine Wurstwaren zu kaufen. Und frischen Salat pflücken wir direkt aus Ellas Garten! Wir schlemmen und geniessen die Tage in der Abgeschiedenheit des kleinen Refugiums. Ausflüge ins Nachbardorf San Bernardino zum Einkaufen und in das für seine Töpferarbeit bekannte Aregua oder nach Asuncion und in die Silberhochburg Luque genügen uns als Abwechslung. Rolf schneidet seine Filme in aller Ruhe, ich kümmere mich um den Blog und ansonsten…Seele baumeln und sie der Reise hinterherkommen lassen. Was Langzeitreisende oft erst mit der Zeit bemerken, ist für uns mittlerweile eine Selbstverständlichkeit: Es braucht auch mal längere Pausen und ein paar entspannte Tage an einem schönen Ort. So viele Eindrücke wollen verarbeitet werden. Zudem machen die vielen Kilometer zwischen den einzelnen schönen Stationen müde. Und eben – alltägliche Dinge wie Wäsche waschen oder das fahrende Zuhause richtig durchfegen werden beim Reisen halt konzentriert alle paar Wochen nach Bedarf erledigt. Gerade jetzt also nutzen wir das grosszügige Angebot und bleiben tatsächlich 10 Tage bei Ella und Klaus. Danke für dieses so wertvolle Geschenk!

Und dann machen wir uns auf den Weg Richtung Argentinien, besuchen noch kurz Itaipu, das imposante Wasserkraftwerk und ab auf die Fähre ins nächste Land, das von uns er-fahren werden will: Hola Argentina!

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