Autor: Yvette Anhorn Seite 4 von 16

17.10. – 22.10.2022 – Argentinien zum Letzten – Perito Moreno, Fitz Roy und Grenzsee

Nach dem Nationalpark fahren wir wieder allein weiter – Esther und Walter zieht es nicht so rasch weiter in den Norden. Wir möchten nach El Chaiten, den Ausgangspunkt zum Perito Moreno, einem spektakulär kalbenden Gletscher! Dafür müssen wir erstmal wieder nach Argentinien einreisen, was eindeutig unkomplizierter ist, als umgekehrt die Einreise nach Chile. El Chaiten ist ein recht mondäner, bekannter Ferienort, der auch viele Wandervögel und Schneesportler anzieht. Das kriegen wir zu spüren, als wir erneut mit Western Union Geld wechseln möchten…nix zu machen an allen drei Tagen, die wir dort sind, haben die Filialen nicht das benötigte Geld für alle, die wechseln möchten. Also heisst es: Das noch vorhandene Geld gut einteilen. Auf dem Platz treffen wir ein junges Pärchen aus Vorarlberg und mit Valentina und Florian verbringen wir einen vergnüglichen letzten Abend mit viel Austausch über unsere bisherigen Routen. Sie sind nämlich von Norden her nach Süden unterwegs.

Der Fitz Roy ist ein ebenfalls sehr berühmter Berggipfel, der quasi auf unserer Route liegt. Meist ist er nebelumwabert, doch als wir in El Chalten eintreffen, zeigt er sich im besten Sonnenlicht. Wir machen noch einen kleinen Ausflug in ein ruhiges Tal. Leider wird die Strasse immer schlechter und so kehren wir nach einem kurzen Spaziergang zurück zum Nachtlager. Das ist mal wieder frei auf einem Parkplatz ausserhalb des Dorfes, weil die offiziellen Plätze noch nicht bereit sind für Camper. Mittlerweile sind wir daran ja gewöhnt.

Am nächsten Tag wollen wir uns von Argentinien verabschieden – die Seen um Bariloche lassen wir aus. Zu sehr nervt uns das ständige Rumgerenne wegen der Devisen. Auf der wenig abwechslungsreichen Strecke entdecken wir plötzlich eine junge Frau. Sie steht bei einem Einlenker, der zu einem fernen See führt, und winkt verzweifelt. Mein Gefühl sagt mir, dass sie nicht einfach Autostopp macht und so halten wir an. Unter Tränen erzählt sie uns, dass sie jetzt 4 Stunden zur Hauptstrasse gelaufen sei um Hilfe zu holen. Sie hätten am See übernachtet und als sie heute Vormittag weiterfahren wollten, seien sie am sumpfigen Ufer stecken geblieben. Ihr Freund versuche, das Auto mit blossen Händen frei zu kriegen und sie sei mal losgelaufen, um jemanden mit Bergematerial zu finden. Natürlich fahren wir sie zurück – unter Mithilfe eines anderen Wagens, der auch angehalten hat und vor allem Platz auf dem Rücksitz hat. Vor Ort wird schnell klar, dass es vermutlich nicht viel braucht, um das Mietfahrzeug aus dem Schlamm zu ziehen. Fahrlässig jedoch ist der Vermieter – keine Schaufel, keine Sandbleche sind im Wagen. Nun – es geht rasch und die beiden Belgier sind wieder flott. Nach dieser guten Tat fahren wir weiter dem Grenzposten und dem See entgegen, den sich Argentinien und Chile teilen. Er heisst auf der einen Seite Lago Buenos Aires, auf der anderen Lago General Carrera. Und diesem Lago folgen wir an der Bergflanke Richtung Carretera Austral!

13.10. – 16.10.2022 – Nur noch nordwärts – Gletscher, Seen, Berge in Torres del Paine

Feuerland lassen wir nach einer erneuten Übernachtung in Cerro Sombrero hinter uns. Mit der Fähre geht es wieder aufs Festland. In Punta Arenas warten auf uns neue Reifen und…Esther und Walter, die wir an der argentinischen Küste erstmals getroffen hatten. Gemeinsam wollen wir den Nationalpark Torres del Paine besuchen. Es wird ein einmalig schönes Abenteuer! Wir entdecken Skurriles und ganz viel fast unberührte Natur. Selbstverständlich erleben wir unsere ersten Kondore in Action. Und auch wenn der Park nicht ganz billig und das Übernachten drinnen echt hochpreisig ist – Wir vier geniessen diesen Nationalpark mit jeder Faser und jede Minute. Und wir saugen die wunderschönen Bilder jeden Tag aufs Neue in uns auf!

03.10. – 12.10.2022 – Ushuaia – Ort mit Geschichte am Ende der Welt

Tierra del Fuego – Feuerland – ist von wilder und nahezu ungezähmter Schönheit. Der Wind peitscht die Wellen an die raue Atlantikküste und entwurzelt manchen Baum. Er fegt ungehindert über das Land, in die Wälder hinein, an die hohen Berge und lässt die Wolken über die Spitzen tanzen, sodass es mal strahlend schön und im nächsten Moment düster bewölkt ist. Wetterprognosen sind zumindest für den hier zuständigen Petrus-Abgeordneten höchstens eine gutgemeinte Empfehlung. Also packen wir die Daunenjacken aus, als wir am 3. Oktober in Ushuaia eintrudeln.

Ärgerlicherweise hat die Plattform AirBnB  eine Macke und so buche ich ungewollt für denselben Zeitraum zwei Wohnungen. Gottseidank lässt sich das unkompliziert beheben, die Wohnungen sind jetzt, zwischen Ski- und Trekkingsaison, nicht ausgebucht und so bleiben wir 8, anstatt der geplanten 4 Tage im als Sommertrainingslager für diverse Skinationen bekannten Ort. Uns gefällt’s – Rolf kriegt das Wasserproblem unseres «Big T» hier endlich wirklich in den Griff, der Teppich kann gut trocknen in den beiden überheizten Wohnungen und wir unternehmen kleine Ausflüge in das architektonische Durcheinander von Ushuaia Downtown. Auch das benachbarte Umland erkunden wir gerne. Nach Ablauf der Mietzeit gönnen wir uns noch eine Nacht im Nationalpark, fahren aber zuerst ans Ende der Ruta 3 und der Welt – zumindest nach argentinischer Version. Wieder stehen wir wild, weil der Platz noch nicht bewirtschaftet ist so früh im südlichen Frühjahr. Und – Endlich nach 18 langen Monaten gibt es für Rolf mal wieder Schnee zum Anfassen! Mir hat der ja nicht unbedingt gefehlt…Aber es sieht schon schön aus, die Bäume so überzuckert und die Flocken, die vom Himmel tanzen. Und erst das Feeling, auf verschneiter Strasse zu fahren! Endlich er-fahren unsere Allterrain-Reifen auch mal das! Am winterlichen 12. Oktober verlassen wir Feuerland, das seinen Namen übrigens vom portugiesischen Entdeckerkapitän Magellan, der bei der Erkundung der nach ihm benannten Meerenge, des Nachts oft Feuer an Land entdeckte. Dies waren Lagerfeuer der hier lebenden Selk’nam (Onas), der Haush oder Manek’enk, der Kaweqar und der Yámana oder Yaghan, die aber von Magellan und seinen Leuten unentdeckt blieben. Später wurden im Zuge der Besiedlung diese indigenen Völker zurückgedrängt, teilweise sogar regelrecht bejagt wie Wild. Und das nur, weil sie die Schafe der Siedler jagten wie die Guanacos, beides für sie freie, wilde Tiere, die allen gehörten. Oder sie waren den Goldschürfern im Weg, weil sie auf dem mit dem Edelmetall durchsetzten begehrten Land lebten. Heute sind all diese indigenen Völker quasi inexistent – zu sehr haben sie sich mit den Zuwanderern vermischt und so ihre ursprüngliche Identität ganz aufgegeben. Zwar steigt hier, wie auch an anderen Orten der Welt, das Bewusstsein um das Erbe der indigenen Bevölkerung, doch bis anhin ist noch nicht viel wiederhergestellt, ausser Gedenk- und Erinnerungsstätten. Für uns geht es weiter auf die nächste Etappe, Chiles Pazifikküste und die Carretera Austral!

01.10. – 02.10.2022 Argentinien – Chile – Argentinien – Feuerland hat uns

Uns zieht es mächtig weiter Richtung Ushuaia auf Feuerland. Wir wollen bald am «Ende der Welt» eintreffen und so fahren wir zügig durch die wenig abwechslungsreiche Pampa im südlichen Patagonien. Immer öfter sehen wir Ölfelder entlang der Ruta 3. Auch die Ortschaften sind oft geprägt vom Schürfen nach dem «schwarzen Gold». Und es häufen sich die Bilder von Guanacos, die viel zu oft in den Zäunen hängenbleiben beim Drüberspringen – Zäune, die sie eigentlich von der stark befahrenen Ruta 3 fernhalten und ihren Tod durch den Strassenverkehr verhindern sollten. Aber auch Nandus beobachten uns aus sicherer Distanz. Und – für mich ziemlich überraschend – Flamingos stehen in kleinen Gewässern am Strassenrand und präsentieren im eintönigen Graubeige der patagonischen Pampa ihr leuchtendrosa Gefieder!

Schon bald erreichen wir die Fähre nach Feuerland und die chilenische Grenze. Die nehmen es echt genau mit dem Einfuhrverbot von Fleisch und Früchten und Gemüse. Von uns kriegen sie ein Pfund Kartoffeln und eine Zwiebel, die wir nicht verkocht hatten. Und dann fahren wir zum Übernachten nach Cerro Sombrero, benannt nach einem hutartigen Hügel in der Nähe. Diese Stadt war einst ein Pionierprojekt in den späten Fünfzigern des letzten Jahrhunderts. Die chilenische staatliche Ölfirma Enap stampfte eine Vorzeigesiedlung für ihre Arbeiter und deren Familien aus dem Boden, die sogar mit einem Besuch von Fidel Castro beehrt wurde. Ganz im Stil des damaligen Modernismus (den wir schon in Brasilia toll fanden) wurde die Infrastruktur ganz auf die Bedürfnisse von Familien mit Kindern aufgebaut. So gab es zum Beispiel ein Fitnessstudion, einen beheizten Pool mit olympischen Massen, ein Krankenhaus, einen botanischen Garten (überdacht natürlich). Auch Flughafen, Supermarkt, Casino, Kirche, Gasthaus und Restaurant fehlten nicht. Heute allerdings kommen die meisten Arbeiter für ihre Schicht hierher und gehen dann wieder heim aufs Festland zu ihren Familien und nur Wenige wohnen ständig in Cerro Sombrero. Naja – die Verkehrswege haben sich halt deutlich verbessert.

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