Tierra del Fuego – Feuerland – ist von wilder und nahezu ungezähmter Schönheit. Der Wind peitscht die Wellen an die raue Atlantikküste und entwurzelt manchen Baum. Er fegt ungehindert über das Land, in die Wälder hinein, an die hohen Berge und lässt die Wolken über die Spitzen tanzen, sodass es mal strahlend schön und im nächsten Moment düster bewölkt ist. Wetterprognosen sind zumindest für den hier zuständigen Petrus-Abgeordneten höchstens eine gutgemeinte Empfehlung. Also packen wir die Daunenjacken aus, als wir am 3. Oktober in Ushuaia eintrudeln.
Ärgerlicherweise hat die Plattform AirBnB eine Macke und so buche ich ungewollt für denselben Zeitraum zwei Wohnungen. Gottseidank lässt sich das unkompliziert beheben, die Wohnungen sind jetzt, zwischen Ski- und Trekkingsaison, nicht ausgebucht und so bleiben wir 8, anstatt der geplanten 4 Tage im als Sommertrainingslager für diverse Skinationen bekannten Ort. Uns gefällt’s – Rolf kriegt das Wasserproblem unseres «Big T» hier endlich wirklich in den Griff, der Teppich kann gut trocknen in den beiden überheizten Wohnungen und wir unternehmen kleine Ausflüge in das architektonische Durcheinander von Ushuaia Downtown. Auch das benachbarte Umland erkunden wir gerne. Nach Ablauf der Mietzeit gönnen wir uns noch eine Nacht im Nationalpark, fahren aber zuerst ans Ende der Ruta 3 und der Welt – zumindest nach argentinischer Version. Wieder stehen wir wild, weil der Platz noch nicht bewirtschaftet ist so früh im südlichen Frühjahr. Und – Endlich nach 18 langen Monaten gibt es für Rolf mal wieder Schnee zum Anfassen! Mir hat der ja nicht unbedingt gefehlt…Aber es sieht schon schön aus, die Bäume so überzuckert und die Flocken, die vom Himmel tanzen. Und erst das Feeling, auf verschneiter Strasse zu fahren! Endlich er-fahren unsere Allterrain-Reifen auch mal das! Am winterlichen 12. Oktober verlassen wir Feuerland, das seinen Namen übrigens vom portugiesischen Entdeckerkapitän Magellan, der bei der Erkundung der nach ihm benannten Meerenge, des Nachts oft Feuer an Land entdeckte. Dies waren Lagerfeuer der hier lebenden Selk’nam (Onas), der Haush oder Manek’enk, der Kaweqar und der Yámana oder Yaghan, die aber von Magellan und seinen Leuten unentdeckt blieben. Später wurden im Zuge der Besiedlung diese indigenen Völker zurückgedrängt, teilweise sogar regelrecht bejagt wie Wild. Und das nur, weil sie die Schafe der Siedler jagten wie die Guanacos, beides für sie freie, wilde Tiere, die allen gehörten. Oder sie waren den Goldschürfern im Weg, weil sie auf dem mit dem Edelmetall durchsetzten begehrten Land lebten. Heute sind all diese indigenen Völker quasi inexistent – zu sehr haben sie sich mit den Zuwanderern vermischt und so ihre ursprüngliche Identität ganz aufgegeben. Zwar steigt hier, wie auch an anderen Orten der Welt, das Bewusstsein um das Erbe der indigenen Bevölkerung, doch bis anhin ist noch nicht viel wiederhergestellt, ausser Gedenk- und Erinnerungsstätten. Für uns geht es weiter auf die nächste Etappe, Chiles Pazifikküste und die Carretera Austral!