Endlich ist es soweit – wir können unser Zusammentreffen mit Kim und Marcel planen. Sie sind im Mietauto und in BnB’s unterwegs Richtung Port Elizabeth. Von da aus wollen wir zusammen in den Addo Elephants National Park fahren und darum haben wir nun in den letzten Tagen engen Kontakt gehalten.
Überraschenderweise treffen wir uns bereits in Plettenberg, kurz vor Port Elizabeth. Bis wir da alle vier eintrudeln, machen Rolf und ich noch einen kleinen Ausflug weg von der Küste nach Oudtshoorn, einem kleinen Nest im Hinterland, umschlossen von Bergen, Straussen- und Obstfarmen. Der Weg dahin führt uns über einen Pass, der erstaunlich dem gleicht, was wir von Europa kennen: Enge Strassen, tiefe Schluchten, Wasserfälle. Und überall finden wir auch putzige Restaurants für Kaffeehalte– mal in einer grossen umgebauten Bauernscheune mit allem KrimsKrams auf gefühlt 200 Quadratmetern, mal in einer schnuckligen Gärtnerei und mal in einer Art Raststätte direkt an der Hauptstrasse. Ich gönne uns im Restaurant-Scheune-Krämerladen einen putzig-winzigen, knallgrünen Wasserkessel und – weil das Zeug aber auch wirklich dekorativ rumhängt – auch das ein oder andere Kleidungsstück…so ganz ohne Konsum geht es halt für mich doch nicht. Rolf kauft sich höchstens praktische Dinge oder halt eine neue Klimaanlage (grins)…unsere diesbezügliche Rollenverteilung leben wir auch auf der Reise fröhlich weiter.
Was wir beide immer wieder total geniessen, sind Stellplätze mit privaten Waschräumen. Es ist einfach herrlich, direkt neben dem eigenen Badezimmer das T-Mobil zu parken, womöglich noch gut beschattet, und so ein Gefühl von Privatsphäre zu bekommen. Oft gehört dazu auch eine Wasch- und Spülgelegenheit mit Sitzgruppe. Fantastisch! Ich halte mittlerweile richtiggehend Ausschau nach solchen Plätzen, wo wir abseits der Gemeinschaftsduschen diesen kleinen Luxus geniessen können.
Ein ganz besonderes Erlebnis beschert uns auf der Rückfahrt an die Küste der Zwischenhalt in einem Spa mit heisser Quelle. Witzig, in der grössten Hitze in einem wirklich ziemlich warmen Pool zu sitzen. Und bezüglich «Schönheit» auf keinen Fall vergleichbar mit unseren Mineralbädern in St. Margrethen oder Unterrechstein. Dafür mit Campingplatz. Muss man mal gemacht haben.
Immer wieder kommen wir aufgrund unseres T-Mobils mit den Locals in Kontakt und erfahren so zum Beispiel, dass wir aufmerksam sein sollten, wenn Vögel in unserer Nähe plötzlich ungewohnt laut und lange schimpfen und zetern. Dann sei wohl eine Mamba auf Eierklau aus. Für uns soweit ungefährlich, weil sie Menschen scheut. Aaaber…weil ziemlich giftig, möchtest du das Tierchen dann doch lieber auf sichere Entfernung wissen. Wieder ein Anderer erzählt uns, dass er schon zweimal als Gastschwinger in der Schweiz war, an Chur erinnert er sich besonders! Wir «schwingen» zurück an die Küste, wo noch eine Besonderheit auf uns wartet: Der südlichste Punkt von Südafrika, an dem auch die beiden grossen Weltmeere Atlantik und indischer Ozean aufeinander treffen…
Jetzt gibt’s dann endlich ein Wiedersehen mit unseren Hamburger Freunden. Wir freuen uns wirklich enorm und planen unsere weiteren Tage so, dass wir letztlich eine ganze Woche miteinander verbringen. Zum Auftakt besuchen wir einen Farmermarkt. Da gibt es neben Selbstgemachtem für den Alltag auch Kunsthandwerkliches und vor allem viel Essbares. Wir kommen mit dem Probieren gar nicht nach, soviel Gluschtiges gibt es da. Kim und Marcel führen uns auch an andere Orte, die wir sonst wohl links liegen gelassen hätten. Zum Beispiel in ein Sanctuary für Affen wie Kapuzineräffchen oder Lemuren. Die werden hier abgegeben aus Privatbesitz und dürfen sich frei im Wald bewegen. Dank regelmässiger und reichlicher Fütterung verspüren sie keinen Drang, von hier abzuhauen.
Das Vogelparadies Birds of Eden hingegen muss mit einem Netz überspannt werden, damit die vielen hübschen gefiederten Freunde wie Papageien oder Ibisse nicht davon flattern. Ein ganz hübscher türkisfarbener Papagei hat sich Rolf als neuen Kumpel auserkoren und wir müssen fast handgreiflich werden, um seine Absicht, Rolf als «Fluchthelfer» zu missbrauchen, zu vereiteln.
In Port Elizabeth grossartig anzuhalten, lohnt sich wirklich nicht. Der ehemals wichtigste Hafen von südafrika hat leider nicht sehr viel an Sehenswürdigkeiten zu bieten. Aber wir können da einige dringende Einkäufe erledigen, wie zum Beispiel einen neuen Deckel für das Kameraobjektiv…Was die aber auch immer auf Alleingang gehen müssen, gell Rolf! Der neue ist nun mit einem Schnürchen gesichert! Aber er musste zuerst noch im Addo Park einem Elefanten fast vor die Füsse fallen und ein weiteres Mal fast verloren gehen, um Rolf vom Einsatz der «Sicherheitsleine» zu überzeugen.
Ein Reservat mit Freunden zu geniessen, ist schon nochmal was Anderes! Wir haben uns über das Erlebte (Die Elefanten sind uns so nah gekommen, wie nie erhofft) ausgetauscht und die Tage Revue passieren lassen bei einem feinen Znacht, den uns Rolf kredenzt hat. Beeindruckend, wie nahe uns im Addo Park die Elefanten kommen! Und wir erleben Wildlife vom Kleinsten bis zum Grössten von Nahem! Die zwei Tage lohnen sich auf jeden Fall.
Und weil das soviel Spass macht, verlängern wir die gemeinsame Zeit noch etwas und Marcel findet für uns gemeinsam in der Nähe des wirklich hübschen historischen Städtchens Graaff-Reinet ein kleines Cottage. Also «dort in der Nähe» muss noch spezifiziert werden: Vom hübschen Städtchen fährt man über 30 km in die Pampa auf eine Farm, die Zufahrt ist 4×4-würdig, vor allem nach den Gewittern, die regelmässig über dem Land niedergehen. Und doch hat es sich gelohnt: Das Cottage steht umschlossen von Bergen auf einer kleinen Anhöhe und erinnert tatsächlich an eine Alphütte. Und die Aussicht – einfach unbezahlbar! Gut ist dennoch, dass wir unser T-Mobil gleich vor dem Häuschen parken, denn leider ist das Dach über Rolfs Bett etwas undicht und am zweiten Abend treiben es die Mücken so bunt, dass wir lieber im T-Mobil schlafen. Hier haben wir regen- und mückenfreie Zone.
Der Besuch der imposanten Grotekerk in Graaff-Reinet entwickelt sich zu einem besonderen Erlebnis, als mich ein Herr anspricht, der nach uns in die Kirche kam. Er findet sie einfach wunderschön und ein würdiges Gotteshaus. Ich kann dem nur beipflichten. Und dann erzählt er uns, dass er sich geschworen hat, eines Tages diese spezielle Kirche zu besuchen, die zu betreten ihm und allen Schwarzen so lange verboten war! Herr Mike Xego hat gegen die Apartheid gekämpft und wurde als ANC-Mitglied inhaftiert für viele Jahre. Er war ein Gefolgsmann von Nelson Mandela und zeigt uns stolz ein Foto von ihnen beiden. Wir hören fasziniert seinen Ausführungen zu und ich fühle mich privilegiert, einem Mann zu begegnen, der einen so wichtigen Teil der Geschichte Südafrikas repräsentiert. Rolf relativiert das Ganze zwar und auch mir ist klar, dass der ANC auch für ganz vieles verantwortlich ist, was seit Mandelas Zeiten schiefläuft. Dennoch – Herr Xego war bereit, für seine Idee einer besseren Zukunft hinter Gitter zu gehen. Ob wir das auch wären?
Nach einem weiteren gemeinsamen Erlebnistag im Valley of Desolation, das uns mit unglaublichen Felsformationen entzückt und einem gewittrig-schönen Cottageabend mit Apfelrösti zum Znacht trennen sich leider unsere Wege fürs Erste. Kim und Marcel zieht es an die Küste und zurück nach Kapstadt, wo sie ihr Mietauto am 22. Dezember zurückgeben müssen und dann bis Anfang Januar überlegen, ob sie nach Johannesburg fliegen und uns dann nochmal treffen für den Krügerpark. Oder ob sie den Rest ihres Sabbaticals ganz woanders verbringen. Wir verabschieden uns mit leicht feuchten Augen in der Gewissheit, dass es kein Abschied für immer ist…irgendwo irgendwann treffen wir uns wieder, versprochen!
Wir möchten noch eine Nacht länger hierbleiben, schon wegen des Internetzugangs. Der dann leider doch nicht ganz das hält, was wir uns versprechen. Doch Graham hat das Cottage schon vermietet, bietet uns aber dafür an, auf seiner Farm noch eine Nacht zu campen. Wir dürfen in einem nur noch für Lagerzwecke genutzten Cottage das Bad benutzen und – Überraschung – auch das Bett im ziemlich vollgestellten Schlafzimmer ist für uns bezogen worden. Das werden wir zwar nicht benutzen, ist aber doch lieb gemeint. Und ich bin als alte Flohmärktlerin platt über all die Dinge, die hier rumstehen und darauf warten, aussortiert zu werden…das würde ich nur zu gern machen! Doch es sind die Privatsachen von Grahams Schwiegereltern, die kürzlich ins Altersheim gezogen sind, also: Finger weg, Yvette! Was wir aber besonders geniessen: die Kühle in den hohen Räumen samt Deckenventilator. Und die Einladung zum nächtlichen Braai mit Schweinekoteletts mit der ganzen Familie. Wir verbringen einen äusserst unterhaltsamen Abend mit Helen und Graham und ihrer jüngsten Tochter und fühlen uns sehr willkommen. Schade eigentlich, dass wir weiterziehen…