Von La Paz starten wir sehr, sehr früh – wir wollen dem Morgenverkehr entkommen, damit wir die steile Strasse rauf schaffen, ohne unsere Kupplung zu verheizen. Das schaffen wir auch, dank dem Start schon um etwa 6 Uhr. Womit wir nicht gerechnet haben: Die Bolivianer stehen auch ziemlich früh auf und um etwa 7 Uhr stecken wir dann auf dem Plateau in El Alto (immerhin schon in der Ebene!) im schönsten Stau. Wir stehen tatsächlich Rückspiegel an Rückspiegel für etwa 10 Minuten, bis sich dieser gordische Verkehrsknoten wie durch ein Wunder auflöst. Und dann haben wir endlich freie Bahn. Unsere erste Ausgrabungsstätte wartet kurz vor der Grenze zu Peru noch auf bolivianischem Boden. Etwa 70 km von La Paz entfernt liegt Tiwanaku, eine Stadt die vor der Zeit der Inka entstand und von deren Architektur sie sich inspirieren liessen. Uns fallen vor allem – nebst den grossen Stelen mit ihren faszinierenden, eingeritzten Gesichtern und Mustern – die präzisen Mauerwerke auf. Jeder Stein ist so gehauen, dass er exakt auf, unter und neben den nächsten passt, fugenlos. Nicht mal ein Blatt Papier könnte man dazwischen quetschen! Das sehen wir in Natura zum ersten Mal sind wir fasziniert von der exakten Arbeitsweise – vom kleinsten Stück bis hin zu riesigen Steinblöcken wurden sie genau behauen und angepasst an ihre Nachbarsteine.

Nach unserem Ausflug in die Vergangenheit geht es weiter in die Zukunft – der Grenze von Peru entgegen. Zuvor aber wartet der Titicacasee auf uns. Wir müssen mit einem kleinen Boot eine Bucht queren bei San Pedro de Tiquina. Während wir darauf warten, dass sich unsere Nussschale von Fähre füllt – nur für ein Auto setzen sie nicht über – fragen wir uns ernsthaft, ob diese kleinen Schiffchen tatsächlich Busse und andere grössere Autos tragen! Spoiler: JA, sie tun’s und sind dabei wendig und schnell. Und danach tauchen wir ein in eine völlig andere Szenerie als die letzten Tage: Der Titicacasee ist mehr als 15 Mal so gross wie der Bodensee und entlang seines Ufers geniessen die Menschen seit Jahrtausenden den Luxus des Wassers. (Heute leider durch Minenbewirtschaftung stark verschmutzt!) So sind neben Landwirtschaft trotz Wasserverschmutzung auch die Fischerei und Fischfarmen eine gute Quelle für das tägliche Auskommen. Wir sehen auch hier wieder viele terrassierte Felder und auf dem Hochplateau begegnen uns Bäuerinnen und Bauern in typischer Landestracht. Sie gehen ruhig ihrem Tagesgeschäft nach, manchmal sitzen Frauen mit ihren Handarbeiten am Strassenrand. Nach einigen Stunden Fahrt in dieser üppigen Landschaft finden wir unseren Übernachtungsplatz in Copacabana am See!

Wir fahren nach einer ruhigen Nacht an den Gestaden des Sees weiter. Uns wurde ein paar Fahrstunden von hier ein Stellplatz mit Hotel empfohlen, von dem aus wir eine Fahrt zu den Uro machen könnten, einem aussergewöhnlichen Volk, das den Titicacasee seit vielen Hunderten von Jahren auf seine ganz spezielle Weise nutzt. Der letzte Abschnitt dieser Anfahrt allerdings gestaltet sich etwas abenteuerlich, geht es doch ziemlich «stocksteinigstutzig» von der Hauptstrasse die steile Zufahrt Richtung Seeufer runter. Aber wie immer unterschätze ich das Fahrverhalten unseres treuen T-Mobils und wir kommen heil an. Und gleich fragen wir nach dem Boot, das uns am Folgetag zu den schwimmenden Dörfern fahren soll.

Am nächsten Morgen trotzen wir dem Regen und lassen uns eine Stunde lang in einer Nussschale zu den Uros fahren. Vom Dorfchef persönlich werden wir in die Geheimnisse der Traditionen dieser Menschen eingeführt, die sich einst vom sicheren Ufer weg auf Schilfinseln geflüchtet haben, um Angreifern elegant auszuweichen. Noch etwa 2’000 vom Volk der Uro leben in Familienverbänden auf Inseln, auf denen es sich wie auf Wolken geht. Zum Bau wird Schilf gestochen, zusammengebunden und dann mit immer neuen Schilfrohrschichten bestückt. Nach etwa 2-3 Jahren hat die Insel, die bis zu 10 Familien beherbergen kann, ihre optimale Dichte erreicht und hält etwa 20-30 Jahre. Die Uros ernähren sich vom Fischfang, der Vogeljagd und dem Handel mit dem Festland. Natürlich wird auch Kunsthandwerk hergestellt und heutzutage bringen Touristen wie wir etwas Geld in die Kasse. Ursprünglich lebten die Uros an den Ufern des Titicacasees auf dem Festland, dem höchstgelegenen schiffbaren See der Welt übrigens. Dann aber kamen immer öfter feindliche Angreifer in die Nähe, wie zum Beispiel die Inkas. Um denen auszuweichen, wurden die Schilfinseln «erfunden». Sie liegen normalerweise fest vertäut quasi vor Anker, können aber bei Bedarf rasch losgemacht werden und so die Menschen in den Weiten des weitläufigen Sees Schutz bieten. Aber –Auch die Uros zieht es zunehmend in Dörfer und Städte, um die «Annehmlichkeiten» des modernen Lebens zu geniessen. Verständlich einerseits – schade um die Tradition andererseits. Uns auf jeden Fall gefällt der Ausflug sehr. Mehr davon gibt es auf unserem Filmkanal. Rolf hat die Ausführungen des Dorfvorstehers mitgeschnitten: https://youtu.be/WmESwxQI4t4  

Und wir wandeln weiter auf den Spuren der Inkas Richtung Cusco! Wo uns dann die politischen Unruhen doch noch einholen werden…